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Prozess in Bochum: Steuerbetrug mit manipulierten Spielautomaten

Veröffentlicht am: 16.10.2024

Am 9. Oktober startet am Landgericht Bochum ein Verfahren gegen vier Personen, denen bandenmäßige Steuerhinterziehung und Fälschung technischer Aufzeichnungen vorgeworfen wird. Die Angeklagten sollen über Jahre hinweg in über 30 Spielhallen in Nordrhein-Westfalen und Berlin durch manipulierte Spielautomaten rund 40 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben. Ermittlungen von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung geben Einblicke in das mutmaßlich betrügerische Vorgehen und zeigen, wie leicht es für Betreiber war, am Fiskus vorbeizuarbeiten.

Minimalistische Darstellung eines manipulierten Spielautomaten - Erstellt mit AI durch Betrugstest Prompt.

Ein groß angelegter Steuerbetrug mit manipulierten Spielautomaten in über 30 Spielhallen, aufgedeckt durch einen Insider.

  • Prozess gegen vier Angeklagte wegen 40 Millionen Euro Steuerbetrug in 30 Spielhallen
  • NDR-Doku thematisiert Glücksspiel-Mafia in Eckkneipen
  • Härtere Strafen für Glücksspielbetrug gefordert

Die Masche basierte auf der Manipulation von sogenannten Auslesestreifen, die ähnlich wie Kassenbons die Einnahmen der Spielautomaten dokumentieren. Mithilfe einer speziellen Software wurden diese Streifen nachträglich verändert, sodass die Umsätze der Automaten um bis zu 50 Prozent niedriger ausgewiesen wurden. Durch die künstliche Reduzierung der Umsätze konnten die Betreiber ihre Steuerlast erheblich senken und die nicht erfassten Einnahmen als Schwarzgeld einbehalten.

Insider packt aus und bringt die Ermittlungen voran

Dass dieser Fall vor Gericht verhandelt wird, ist maßgeblich einem ehemaligen Geschäftspartner der Angeklagten zu verdanken. Der Israeli Chanan Goslan, der selbst einst in das Spielhallengeschäft investiert hatte, lieferte den Ermittlungsbehörden entscheidende Beweise. Nachdem Goslan 2020 aus dem offenen Vollzug heraus Kontakt zu den Ermittlern aufgenommen hatte, übergab er umfangreiches Material, das zu Durchsuchungen und Anklagen führte.

Goslan war ursprünglich auf der Suche nach einer neuen Investition für Geld aus einer früheren Betrugsmasche. Bereits 2010 hatte er sich mit 1,9 Millionen Euro an zehn Spielhallen beteiligt, wurde aber nach eigener Aussage von seinen Partnern finanziell benachteiligt. Misstrauisch geworden, begann Goslan, seine eigenen Nachforschungen anzustellen. Schließlich übergab er den Behörden Akten, Fotos und Audioaufnahmen, die den groß angelegten Steuerbetrug offenlegten.

Diese Insiderinformationen führten dazu, dass die Ermittler systematische Manipulationen in über 30 Spielhallen entdeckten. Dabei kam heraus, dass die Angeklagten seit Jahren ihre Automaten in großem Stil manipulierten, um Steuern zu hinterziehen. In den Ermittlungsakten wird die Masche detailliert beschrieben: Die Umsätze der Spielautomaten wurden mithilfe einer Software nachträglich manipuliert und so gering wie möglich gehalten, um Steuern zu sparen.

Für Interessierte gibt es eine passende Dokumentation in der NDR Mediathek namens “Tatort Eckkneipe: Auf den Spuren der Glücksspiel-Mafia”, die weitere Einblicke in die Machenschaften der kriminellen Netzwerke rund um manipulierte Spielautomaten gibt.

Schlupflöcher trotz technischer Maßnahmen

Erst seit 2021 wurde in Deutschland der sogenannte Fiskaldatenspeicher zur Pflicht, der die Umsätze von Spielautomaten manipulationssicher machen soll. Doch wie Recherchen zeigen, bestehen nach wie vor Schlupflöcher, die es Betreibern ermöglichen, weiterhin an der Steuer vorbei zu arbeiten. Einige Bundesländer gaben auf Anfrage zu, dass sie über zu wenige personelle und technische Ressourcen verfügen, um flächendeckende Kontrollen durchzuführen. Dies erhöht das Risiko, dass Betrüger weiterhin unentdeckt bleiben.

Besonders besorgniserregend ist, dass die Manipulationen trotz der technischen Nachrüstung nicht vollständig unterbunden werden konnten. Das niedersächsische Finanzministerium etwa bestätigte, dass bereits Manipulationen an Fiskaldaten bekannt seien. In anderen Bundesländern werden diese Systeme nur punktuell überprüft. Ein Schlupfloch, das weiterhin von kriminellen Akteuren genutzt wird.

Dass es nach wie vor Betrüger gibt, aber auch auf Seiten der Spieler, zeigen andere Fälle. So kam Mitte des Jahres ein Fall im Casino Zürich ans Licht, bei dem Spieler durch verborgene technische Geräte in kurzer Zeit hohe Gewinne erzielten. Auch in diesem Fall blieb die Manipulation lange unbemerkt, was auf die unzureichende Überwachung im Glücksspielsektor hinweist.

Illegales Glücksspiel als lukratives Geschäftsfeld

Neben der Manipulation legaler Spielautomaten ist auch das illegale Glücksspiel in Deutschland ein weitverbreitetes Problem. In vielen Fällen werden in Hinterzimmern von Gaststätten Automaten aufgestellt, die ohne behördliche Genehmigung betrieben werden. Diese Automaten laufen völlig an der Steuer vorbei und bieten Kriminellen eine lukrative Einnahmequelle. Schätzungen zufolge beläuft sich der Umsatz aus illegalem Glücksspiel auf etwa drei Milliarden Euro pro Jahr.

Die Bekämpfung des illegalen Glücksspiels stellt die Behörden vor enorme Herausforderungen. Ordnungsämter, die für die Kontrolle von Spielhallen zuständig sind, sind personell häufig überfordert. Wo findest du die höchsten fixen Jackpots in Spielautomaten? Diese Frage mag legalen Betreibern überlassen sein, während der illegale Markt zunehmend floriert. Die Polizei sieht sich ebenfalls mit Problemen konfrontiert: Ein interner Bericht des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen, den die Süddeutsche Zeitung einsehen konnte, bemängelt den Mangel an geschultem Personal und geeigneter Technik zur Aufdeckung illegaler Aktivitäten.