GGL bewertet Malta-Gesetz als kritisch
Das sogenannte „Bill No. 55“ hat in den letzten Wochen und Monaten für eine Menge Unruhe im Glücksspielsektor gesorgt. Das Gesetz wurde erst kürzlich auf Malta verabschiedet und soll die dortigen Glücksspielanbieter vor Forderungen aus dem Ausland schützen. Konkret können die maltesischen Gerichte die Vollstreckung der ausländischen Urteile dadurch verweigern. Die deutsche Behörde der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) bewertet das neue Malta-Gesetz als kritisch.
GGL bewertet Malta-Gesetz als nicht vereinbar mit europäischen Vorgaben
Im europäischen Glücksspiel-Mekka Malta wurde vor einigen Wochen ein neues Gesetz verabschiedet. Das sogenannte „Bill No. 55“ ermöglicht den maltesischen Gerichten, die Anerkennung und die Vollstreckung ausländischer Urteile im Glücksspiel-Sektor zu verweigern. Bedeutet: Auch wenn ein Online Casino aus Malta in einem anderen europäischen Land verklagt wird, kann dieses Urteil möglicherweise nicht mehr vollstreckt werden. Nicht wenige europäische Nachbarländer halten dies für einen „Freifahrtschein“ für die dortigen Unternehmen.
Auch deshalb bewertet die Gemeinsame Glücksspielbehörde (GGL) aus Deutschland das Malta-Gesetz als nicht vereinbar mit europäischen Vorgaben, wie diese mitteilt.
Entscheidung liegt nicht in der Hand deutscher Behörde
Allerdings gab die GGL auch bekannt, dass die abschließende Bewertung in diesem Sachverhalt nicht in der Hand der Behörde liegen würde.
Konkret heißt es in der Stellungnahme:
“Die GGL hat die Entwicklungen rund um das Thema „Bill No. 55“ aus Malta im Blick. Wir vertreten die Auffassung, dass dieses Gesetz mit europäischen Vorgaben zur Anerkennung von Entscheidungen (Verordnung (EU) 1215/2012) nicht vereinbar sein dürfte. Die abschließende Bewertung dieser Frage obliegt jedoch nicht der GGL. Wir haben die Länder über unsere Einschätzung informiert und stehen auch sonst mit den entsprechenden Stellen im Austausch.“
Die Behörde gab zudem an, dass man derzeit keine Veranlassung sehen würde, über diesen Schritt hinaus tätig zu werden. Da das Bundesministerium mit dem Sachverhalt bereits bei der Europäischen Kommission vorstellig geworden sei, ginge man von einer Einleitung eines Verfahrens aus. Gleichzeitig wies die GGL darauf hin, dass sich der von Malta beabsichtigte Schutzschirm lediglich auf zivilrechtliche Ansprüche der Spieler beziehen würde. Diese jedoch fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Behörde. Die Gesetzesänderung aus Malta wird momentan von der europäischen Kommission überprüft und erst im Anschluss wird die Tragweite der geplanten Gesetzesänderung klar sein.
Zudem könne nicht allgemein gesagt werden, inwiefern sich das Berufen eines Anbieters auf das Malta-Gesetz auf dessen glücksspielrechtliche Zuverlässigkeit auswirke. Dies bleibe eine Frage der Einzelfall-Bewertung, so die GGL.
Hintergrund: „Bill No. 55“ als Schutz vor Zivilklagen
Das umstrittene „Bill No. 55“ basiert auf einem für die Casinos aus Malta wichtigem Hintergrund. Bereits seit vielen Monaten verhandeln deutsche Zivilgerichte in Fällen, in denen Spieler ihre Verluste von den Anbietern erstattet haben möchten. Dabei bezieht sich die Argumentation der Kläger immer auf die Nichtigkeit eines Spielvertrags zwischen 2012 und 2021. Zu dieser Zeit waren die Online Casinos bis auf wenige Ausnahmen verboten. Laut Ansicht der Kläger sei demnach kein verbindlicher Vertrag zustande gekommen.
Betroffenen Spieler forderten ihre Verluste mit Hilfe von Anwälten deshalb reihenweise zurück. Gebildet hat sich eine ganz neue Industrie, die durch verschiedene Urteile von Zivilgerichten zusätzlich gestützt wurde. Angeklagt werden durch diese Verfahren in der Regel vor allem die Glücksspielunternehmen aus Malta. Diese wiederum berufen sich auf die gültigen Lizenzen aus ihrem Heimatland.
Als zusätzlichen Schutz der Anbieter hat das maltesische Parlament vor kurzer Zeit das „Bill No. 55“ verabschiedet. Maltesische Gerichte sollen laut Gesetz nun keine Urteile aus dem Ausland vollstrecken müssen, wenn die Unternehmen eine Lizenz der maltesischen Behörden besitzen und sich an die gesetzlichen Vorgaben des Landes halten.
Ansicht der GGL teilen nicht alle Beobachter
Tatsächlich teilen nicht alle Beobachter die Ansicht der GGL, dass das neue Gesetz nicht mit den europäischen Vorgaben zu vereinen ist. Der Glücksspielexperte Dr. Ronald Reichert etwa bewertet die Vorgehensweise der maltesischen Behörden als vollkommen legitimen Vorgang. Der Mitgliedstaat würde auf diesem Wege nur sicherstellen, dass auf der Vollstreckungsebene das eigene Recht, die eigenen Zulassungen und die Einhaltung des EU-Rechts nicht übergangen werden könne.
Diskussionen auch um Glücksspiel-Zahlen in Deutschland
Große Diskussionen in der Glücksspiel-Branche sind auch hierzulande derzeit unübersehbar. Ein Grund hierfür ist die Berichterstattung verschiedener Medien, die sich dabei auf den sogenannten „Glücksspiel-Survey 2021“ bezogen. Gemäß der Medienberichte sei die Zahl der Menschen mit einem problematischen Spielverhalten in Deutschland seit dem Inkrafttreten des Glücksspielvertrages 2021 von 400.000 auf 1,4 Millionen Menschen gestiegen. Der Deutsche Sportwettenverband kritisiert diese Berichterstattung und erklärte jüngst, dass ein solcher Rückschuss aus verschiedenen Gründen nicht möglich sei.
Einer der Gründe sei die fehlende Vergleichbarkeit. So seien über zehn Jahre hinweg die Prävalenz-Studien durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) durchgeführt worden. In diesen Studien sei die Zahl der Menschen mit einem problematischen Spielverhalten stabil gewesen bzw. sogar leicht rückläufig. Im Jahre 2021 fand demnach jedoch ein deutlicher Wechsel bei der Erhebung der Daten statt. So war nicht mehr die BZgA für die Erhebung zuständig, sondern das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung.
Wie der Deutsche Sportwettenverband bemerkt, würden selbst die Autoren der Studie darauf hinweisen, dass ein Vergleich mit den bisher bekannten Zahlen nicht ausreichend möglich sei. Der Grund hierfür liege im methodischen Neustart, der folglich eine ganz andere Herangehensweise für die Ermittlung der Daten mit sich brachte. Die Regulierung der deutschen Online Spielotheken sollte den Spielerschutz grundsätzlich erhöhen, weshalb solche Zahlen zu falschen Rückschlüssen führen können.
DSWV begrüßt konstruktive Diskussionen
Von Seiten des DSWV heißt es, dass der Verband eine daten- und faktenbasierte Diskussion über das Glücksspielverhalten in Deutschland immer begrüßen würde. Hierfür sei es jedoch wichtig, dass die Ableitungen auf gesicherten Daten beruhen würden und schlüssig formuliert seien. Zudem weist der Verband darauf hin, dass die Evaluierung des Staatsvertrags im Jahr 2026 die Erfahrungen aller Stakeholder berücksichtigen müsse.
So sollte der Erkenntnisgewinn genutzt werden, um alle Anspruchsgruppen zum Wohle der Kunden eng zusammenarbeiten zu lassen. Der Spieler- und Jugendschutz würde nur dann wirkungsvoll funktionieren, wenn eine erfolgreiche Kanalisierung in den legalen Markt gewährleistet sei.