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Spanien: Probleme durch Glücksspiel

Veröffentlicht am: 24.09.2019

Glücksspiel und Jugendliche sollten strikt voneinander getrennt werden. Während Erwachsene die Risiken und Chancen des Glücksspiels in aller Regel gut einschätzen können, ist dies bei Kindern und Jugendlichen oftmals nicht so. Das kann schwerwiegende Folgen haben. In Spanien bekommt man diese Folgen jetzt offenbar zu spüren. Laut einer Studie der spanischen Föderation ehemaliger Glücksspieler (FEJAR) und des Verbandes Madrider Psychologen ist bei spanischen Jugendlichen ein deutliches Problem mit dem Glücksspiel vorhanden. Rund jeder fünfte Jugendliche soll betroffen sein.

Ein Spielautomat.

Spielstätten wurden in Spanien in den letzten Jahren oftmals in ärmeren Vierteln und in der Nähe von Schulen eröffnet. Das hat zu einem Anstieg im Bereich der jugendlichen Problemspieler geführt. (©Unsplash)

Spitzenreiter im europäischen Vergleich?

In Spanien sorgt die gerade erst veröffentliche Studie für viel Aufsehen. Kein Wunder: Immermhin wird hier ausgesagt, dass einer von fünf spanischen Jugendlichen unter einem Spielproblem leidet. Das würde wiederum bedeuten, dass es sich bei den spanischen Jugendlichen um die Jugendlichen mit dem höchsten Anteil an Problemspielern im europäischen Vergleich handelt. Auffällig sei hierbei vor allem die Tatsache, dass sich das Glücksspiel als beliebte Freizeitbeschäftigung komplett zu einer jüngeren Gruppe an Menschen hin verschoben habe. So seien bis vor wenigen Jahren noch die Spanier zwischen 35 und 45 Jahren besonders aufgefallen. Mittlerweile seien die meisten Spieler in der Gruppe der 18- bis 25-Jährigen zu finden.

Begründungen für diesen fragwürdigen Anstieg liefert die Studie ebenfalls. So würden Kinder und Jugendliche zum Beispiel durch die Werbemaßnahmen der Branche beeinflusst werden. Diese würden auch dann im Fernsehen zu sehen sein, wenn Kinder und Jugendliche Sendungen oder Sportveranstaltungen verfolgen würden. Darüber hinaus ergab die Studie, dass in den letzten drei Jahren mehr als 40 Spielstätten in ärmeren Stadtteilen und in unmittelbarer Nähe zu Schulen eröffnet worden seien. Auch das habe dafür gesorgt, dass das Glücksspiel bei Jugendlichen und Kindern immer früher angenommen und für selbstverständlich erklärt werde.

Soziale Netzwerke und Technologien fördern das Spielverhalten

Aber nicht nur im Fernsehen oder dem stationären Handel sieht die Studie gewisse Fehlentscheidungen in Spanien. Auch die sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Instagram würden eine übergeordnete Rolle spielen. Diese Netzwerke würden überwiegend von jungen Menschen genutzt, welche der Werbung der Glücksspielunternehmen hier jederzeit ausgeliefert seien. Darüber hinaus würden sich gerade die jungen Menschen besonders leicht von Bonusangeboten oder besonderen Aktionen locken lassen. Eine weitere Gefahr sieht Guillermo Ponce als auf die Spielsucht spezialisierter Psychiater darin, dass die Jugendlichen aufgrund der Digitalisierung nahezu von jedem Ort aus auf die Glücksspielangebote, wie zum Beispiel auf Echtgeld Spielautomaten im Internet zugreifen könnten. Eine Folge: Jugendliche sind mittlerweile häufiger vom problematischen Spielverhalten betroffen als Erwachsene. „Zahlreiche Studien haben bereits gezeigt, dass problematisches Spielverhalten bei Jugendlichen mindestens doppelt so häufig auftritt wie bei Erwachsenen“, erklärt Ponce.

Ebenso gab der Psychiater an, dass Kinder und Jugendliche auch deshalb besonders gefährdet seien, weil diese für Belohnungen besonders anfällig sein. So lasse sich dann auch eine größere und exzessivere Neigung zum Glücksspiel erkennen. Viele Jugendliche würden im Spiel zudem Angst- und Traurigkeitszustände vergessen bzw. ausblenden können. Hierbei handele es sich um eine besondere Gefahr, da eigentliche Probleme durch das Glücksspiel temporär überdeckt werden. Aber: So bedenklich die Entwicklung bei den Jugendlichen in Spanien ist, so erfreulicher ist der Blick auf die Erwachsenen. Lediglich vier Prozent der erwachsenen Bevölkerung spielen laut einer Umfrage der Gambling and Society aus dem Jahre 2019. Zudem gab nur ein Prozent der Erwachsenen an, regelmäßig zu spielen.

Was soll geändert werden?

Beide an der Studie beteiligten Organisationen fordern in Spanien nun umfangreiche Maßnahmen, mit denen das Problem in den Griff bekommen werden soll. Eine Maßnahme könne demnach sein, dass die Eröffnung von Wettbüros und Spielhallen in der Nähe von Schulen künftig verboten wird. Zusätzlich dazu forderte ein Polizeibeamter aus Madrid jüngst, dass die Fernsehwerbung eingeschränkt und reguliert wird. Im Detail äußerte ich der Mann wie folgt:

“Sie zeigen diese Werbung morgens, wenn Kindersendungen ausgestrahlt werden, und zu jeder anderen Tageszeit. Und wenn man dann noch eine berühmte Person wie Cristiano Ronaldo in der Werbung hat, die sie bewundern, ist die Wirkung noch deutlich größer. Das Schlimmste, was einem jungen Menschen dann passieren kann, ist, dass er gewinnt.“

In der spanischen Politik hat man die Forderungen der Bürger und Kritiker derweil bereits aufgegriffen. So wurde schon im August über ein mögliches Werbeverbot diskutiert, welches möglicherweise generell die Werbung für Glücksspiele untersagen soll. Eine Einigung wurde hier jedoch noch nicht erzielt und so wird es noch längere Zeit dauern, bis etwaige Änderungen hier letztendlich auch greifen.

Jugendliche Problemspieler sind schwer zu erfassen

Rund um die Erfassung der problematischen jugendlichen Spieler begleitet die spanische Politik ein Problem. Diese können nämlich nicht einfach so erfasst werden, sondern nutzen zum Beispiel oftmals Kreditkarten der Eltern für ihre Glücksspieleinsätze. Erlaubt sind die Glücksspiele in Spanien ebenfalls erst ab 18 Jahren, nur kann die Einhaltung der Regeln zumindest im digitalen Bereich nur sehr schwer überprüft werden. In der stationären Branche wiederum dürfen Jugendliche eine Spielstätte oder ein Wettbüro erst dann betreten, wenn die Volljährigkeit nachgewiesen werden konnte. Gerade weil mittlerweile aber vor allem das digitale Spiel eine große Rolle beim Nachwuchs spielt, sehen die Organisationen der Studie die Eltern ebenfalls in der Verantwortung. Diese sollten die Glücksspielaktivitäten der Kinder künftig stärker überwachen und so dafür sorgen, dass das Verlangen nach dem Spiel keine Überhand gewinnt. Künftig sollen demnach offenbar auch engere Zusammenarbeiten zwischen den Eltern und den Organisationen ins Leben gerufen werden.

Spanien tut also durchaus bereits einiges, um die problematische Entwicklung innerhalb der kommenden Jahre in den Griff zu bekommen. Sicher ist allerdings auch, dass die Organisationen hier allein nur wenig werden ausrichten können. Die Regierung ist hier mindestens genauso stark gefordert. Immerhin kann nur diese letztendlich die passenden Rahmenbedingungen für ein sicheres und transparentes Glücksspiel auf die Beine stellen.