Pennystocks handeln: Alles, was Anleger wissen müssen
Im Labyrinth der Finanzmärkte stellen Pennystocks eine besonders faszinierende Nische dar. Diese niedrig bewerteten Aktien, oft verknüpft mit Unternehmen am Rande der Solvenz, locken mit dem Versprechen außergewöhnlicher Renditen. Doch der Handel mit ihnen ist nicht ohne Risiko. Dieser Leitfaden erklärt die Welt der Pennystocks, erläutert ihre Merkmale, die damit verbundenen Risiken und Chancen und beleuchtet Handelsstrategien sowie Alternativen für risikobewusste Anleger.
Was genau sind Pennystocks?
Pennystocks, vielfach für weniger als einen Euro oder in anderen Regionen unter 5 US-Dollar pro Aktie gehandelt, verkörpern Wertpapiere am unteren Ende der Preisskala. Diese Aktienkategorie ist oft bei Unternehmen anzutreffen, die sich in finanziellen Nöten befinden, teils kurz vor der Insolvenz stehen oder diese bereits hinter sich haben. Eine Ausgabe neuer Aktien zur Kapitalgewinnung gestaltet sich bei solch niedrigen Kurswerten als schwierig, da ein Mindestnennwert von einem Euro erreicht werden muss.
Es existieren Fälle, in denen an der Börse notierte Pennystocks lediglich die Hüllen bankrotter Firmen darstellen, ohne Aussicht auf finanzielle Erholung oder Revitalisierung. Namhafte Beispiele insolventer Unternehmen wie Steinhoff oder Air Berlin zählen dazu. Kennzeichnend für Pennystocks sind zudem ihre ausgeprägten Kursschwankungen, die Spekulanten regelmäßig anziehen.
Keine einheitliche Definition
Während in einigen Ländern wie Deutschland Aktien unter einem Euro als Pennystocks klassifiziert werden, gibt es keine universelle Definition, die über alle Märkte hinweg Gültigkeit besitzt. In anderen Nationen, ohne die spezifische Euro-Grenze, finden sich selbst Aktien wirtschaftlich stabiler Unternehmen in diesem Segment wieder.
Ungeachtet der genauen Preisgrenze gelten Pennystocks allgemein als hochspekulativ, mit dem Potential für erhebliche Kurssteigerungen, jedoch auch entsprechend hohem Risiko. Ihr Reiz liegt in der Möglichkeit, für eine vergleichsweise geringe Investitionssumme einen beträchtlichen Unternehmensanteil zu erwerben, wodurch bei positiver Entwicklung des Unternehmens überproportionale Gewinne möglich sind.
Die Vielfalt von Pennystocks
Die Definition eines Pennystocks erscheint auf den ersten Blick simpel: Jede Aktie unter einem Euro fällt in diese Kategorie. Doch diese Klassifizierung greift zu kurz und spiegelt nicht die Komplexität und Diversität dieser Anlageform wider. Ein Pennystock vermittelt oftmals den Eindruck eines nahezu wertlosen Unternehmens, doch beweisen Beispiele aus verschiedenen Ländern, dass dieser Eindruck täuschen kann.
Aktien jenseits der Ein-Euro-Schwelle
Ein Blick auf die Vodafone Aktie könnte vorschnell den Eindruck eines herannahenden Pennystocks erwecken, da ihr Kurs zeitweise nahe der symbolträchtigen Ein-Euro-Marke lag. Trotz dieses niedrigen Kurses steht das Unternehmen stabil da und ist weit entfernt von einer finanziellen Notlage. Der niedrige Aktienpreis resultiert aus der großen Anzahl an ausgegebenen Aktien, was den Einzelpreis drückt, ohne dass dies die Unternehmenswertigkeit schmälert.
Auch auf den Börsenplätzen in Australien und Hongkong finden sich Unternehmen, deren Aktien preislich wie Pennystocks wirken, die jedoch finanziell solide aufgestellt sind. So zählt etwa Alumina, der weltweit führende Bauxit- und Aluminiumproduzent aus Australien, zu den Pennystocks, ohne dass eine wirtschaftliche Schieflage erkennbar wäre.
Pennystocks in den Vereinigten Staaten
In den USA gelten andere Maßstäbe für Pennystocks. Hier werden alle Aktien unter 5 US-Dollar dieser Kategorie zugeordnet, was eher einer regulatorischen Notwendigkeit als einer willkürlichen Grenzziehung entspringt. Die Notierung an Hauptbörsen wie der NYSE oder Nasdaq setzt einen Mindestkurs von 5 Dollar voraus. Aktien unterhalb dieser Schwelle finden sich häufig im Over-the-Counter (OTC) Handel, bekannt als Pink Sheets.
Pink Sheets – Eine Welt für sich
Die Pink Sheets, eine Handelsplattform der Pink Sheets LLC, bieten eine besondere Handelsmöglichkeit abseits der regulierten Börsen. Die Namensgebung rührt von den ursprünglich rosa Papierbögen her, auf denen Informationen zu den Aktien gedruckt wurden. Für eine Notierung hier sind kaum Auflagen zu erfüllen, was zu einem Mangel an verlässlichen Informationen und einer hohen Spekulationsanfälligkeit führt.
Die Geschichte um Jordan Belfort, bekannt aus “The Wolf of Wall Street”, illustriert die dunkle Seite dieser Spekulationen. Seine betrügerischen Aktivitäten durch den Handel mit Pennystocks und Pink Sheets brachten ihm zunächst Reichtum, letztendlich jedoch auch die strafrechtlichen Konsequenzen. Heute ist Belfort nicht mehr im Börsengeschäft, sondern als Motivationstrainer aktiv.
Wo werden Pennystocks gehandelt?
Handel mit Pennystocks ist bei zahlreichen Brokern möglich, ohne dass spezielle Unterscheidungen gegenüber hochpreisigen Aktien wie denen von Amazon bestehen. Die Handelsgebühren und sonstige Kosten sind identisch, da Pennystocks keine separate Anlageform darstellen, sondern lediglich durch ihren besonders niedrigen Preis pro Aktie gekennzeichnet sind.
Infolge strengerer Richtlinien zum Ausschluss von der Notierung an der Deutschen Börse finden sich Wertpapiere mit einem Kurswert unter einem Euro kaum noch in den prominenten deutschen Indizes wie dem DAX, MDAX, SDAX oder TecDax. Vielmehr dominieren solche Aktien im weniger regulierten Segment des Freiverkehrs (Open Market), wo der Schutz für Anleger begrenzter ist. Dies trifft vor allem auf internationale Unternehmen zu, bei denen der Nachweis von Marktmissbrauchsvergehen sich als besonders herausfordernd erweist.
Das Engagement in Aktien wirtschaftlich angeschlagener Firmen birgt ein beträchtliches Risiko, einschließlich des Risikos eines Totalverlustes. Besonders bei bereits insolventen Unternehmen ist die Gefahr groß, dass diese von der Börse genommen werden oder ihr Börsenwert gegen Null tendiert. Eine bewusste Auseinandersetzung mit diesen Risiken ist essentiell.
Interessenten am Pennystock Handel sollten sich am besten auf kleinere Beträge beschränken, die im Extremfall entbehrt werden können, ähnlich einem Einsatz im Glücksspiel. Mit niedrigeren Investitionen minimiert sich zwar das Verlustrisiko, jedoch auch die Aussicht auf substantielle Gewinne. Ein kritisches Auge auf die Ordergebühren des gewählten Brokers zu werfen, ist ratsam, denn hohe Transaktionskosten können bei geringem Investitionsvolumen disproportional ins Gewicht fallen. Für Anleger mit begrenztem Budget kann ein kostengünstiger Broker vorteilhaft sein.
Wie handelt man Pennystocks?
Der Handelsprozess für Pennystocks unterscheidet sich nicht wesentlich von dem anderer Aktien. Zuerst identifiziert man einen Pennystock, dem man ein hohes Potenzial zuschreibt, bestimmt das zu handelnde Volumen und platziert die Order beim Broker, der sie ins Orderbuch einträgt. Nach erfolgreicher Ausführung werden die entsprechenden Anteile dem Depot gutgeschrieben.
Um einen vielversprechenden Pennystock ausfindig zu machen, ist eine sorgfältige Analyse verschiedener Zukunftsszenarien erforderlich. Es gilt zu bewerten, ob und wie sich der betreffende Pennystock in eine positive Richtung entwickeln könnte, wofür ein Blick in Unternehmensdaten und Berichte unerlässlich ist. Traditionelle Aktienscreener, die oft bei der Suche nach etablierten Unternehmen zum Einsatz kommen, eignen sich hier weniger, da sie Pennystocks in der Regel nicht abdecken.
Der Handel mit Pennystocks bietet die Chance auf schnelle und hohe Gewinne, da diese Werte potenziell rascher ansteigen können als die von etablierten Firmen. Gleichzeitig birgt er aber auch ein hohes Risiko schneller Verluste.
Hohe Risiken durch Kursschwankungen
Das Interesse vieler Anleger richtet sich auf Pennystocks, motiviert durch die Überlegung, dass eine Aktie zum Preis von 20 Cent eher auf 40 Cent ansteigen könnte, im Gegensatz zu einer Aktie, die 20 Euro kostet und sich für einen 100%-igen Kursgewinn auf 40 Euro erhöhen müsste. Diese Annahme ist nicht unbegründet angesichts der hohen Volatilität, die Pennystocks mit sich bringen. Allerdings eskalieren in gleicher Weise die Risiken. So ist die Gefahr, dass sich der Wert einer solchen Aktie halbiert, deutlich größer als bei Aktien mit höherem Preis.
Neben den Kursfluktuationen gibt es weitere Risikofaktoren. Pennystocks, die durch geringe Liquidität gekennzeichnet sind, weisen oft eine geringe Frequenz von Kursfeststellungen auf, und der Unterschied zwischen Ankaufs- und Verkaufspreisen (Spread) kann beträchtlich sein. Ein Beispiel: Liegt der Ankaufspreis bei 9 Cent und der Verkaufspreis bei 10 Cent, resultiert daraus bereits ein Verlust von 10 %, ohne dass eine Kursveränderung stattgefunden hat.
Langzeitstudien zeigen, dass sich Pennystocks generell unterdurchschnittlich entwickeln. In manchen Fällen, wie bei der Betrugsgesellschaft Wirecard oder dem Modekonzern Tom Tailor, endet die Geschichte mit einem Delisting, was für die Aktionäre einen Totalverlust bedeutet. Die Ankündigung eines Börsenrückzugs kann ebenfalls dazu führen, dass der Wert solcher Aktien rapide sinkt. Trotz dieser signifikanten Risiken erfahren liquidere Pennystocks oft erhebliche Preisschwankungen, die von versierten Tradern genutzt werden können.
Hohe Gewinne möglich
Gelegentlich erleben einige Pennystocks signifikante Kurssteigerungen, insbesondere wenn eine große Anzahl von Tradern kollektiv auf einen Kursanstieg setzt, oft angeregt durch Diskussionen in Online Foren. Schon eine leichte Zunahme des Handelsvolumens kann weiteres Interesse wecken, plötzlich steigt die Nachfrage nach einem Aktienpapier, das zuvor kaum Beachtung fand. Unternehmensnachrichten können ebenfalls zu einer Belebung des Kurses führen, selbst wenn diese Nachrichten für die Aktionäre keine unmittelbaren positiven Effekte mit sich bringen.
Ein markantes Beispiel für solch einen unlogischen Kursverlauf ist der Fall der Gamestop-Aktie im Jahr 2020, die – nach einer Aufspaltung angepasst – unter 1 USD fiel. Nach Kaufempfehlungen im Internet schoss der Wert der in Schwierigkeiten steckenden Videospiele-Einzelhandelskette auf über 120 USD empor, bevor die Aktie unter starken Schwankungen wieder abfiel. Ähnliche Bewegungen zeigten auch andere sogenannte Meme-Aktien, deren steile Kursanstiege letztendlich nicht von Dauer waren.
Innerhalb der Trading Gemeinschaft ist der abrupte Preisanstieg bei Aktien finanziell strauchelnder Unternehmen als „Dead-Cat-Bounce“ bekannt. Diese düstere Analogie suggeriert, dass sogar eine gefallene Katze einen Sprung nach oben machen würde, sofern sie nur aus genügend großer Höhe fällt. Phasenweise können diese unbegründeten Preissteigerungen extrem ausfallen, besonders bei einem sogenannten Shortsqueeze.
In solchen Szenarien werden Leerverkäufer, die auf sinkende Kurse gesetzt hatten, durch den unerwarteten Anstieg überrascht und gezwungen, die verkauften Aktien zu einem höheren Preis zurückzukaufen, was den Kurs weiter antreibt. Doch häufig stürzen die Kurse nach einer solchen Phase wieder ab, wodurch die Gewinne zunichtegemacht werden.
Alternativen zu Pennystocks
Während Pennystocks für ihre hohen Risiken bekannt sind und nicht jedem Anlegertyp entsprechen, existieren durchaus risikoärmere Alternativen, die das Potential für beachtliche Renditen bieten, ohne dabei das Chance-Risiko-Verhältnis außer Acht zu lassen.
Small Cap Aktien: Potenzial abseits des Mainstreams
Eine interessante Option stellen Small Cap Aktien dar. Diese Unternehmen mit niedriger Marktkapitalisierung teilen mit Pennystocks die geringe Bewertung, verfügen jedoch über ein aktives Geschäftsmodell. Sie sind keine leeren Hüllen, sondern funktionierende Unternehmen mit realen Geschäftsaktivitäten.
Ein Paradebeispiel für das Potential solcher Aktien ist die Entwicklung von Cancom. Das Unternehmen aus dem Bereich Cloud-Computing galt lange als kaum beachtete Aktie, schaffte es jedoch, seinen Wert von 0,62 Euro im Jahr 2008 auf nahezu 50 Euro zu steigern – ein beeindruckender Anstieg, der von vielen Anlegern begrüßt wurde. Insbesondere in den Sektoren IT und Biotechnologie finden sich viele Small Cap Aktien, die aufgrund ihrer Positionierung auf dem regulierten Markt oft eine sicherere Wahl als Pennystocks darstellen.
Turnaround Aktien: Chancen auf Wiederaufstieg
Als weitere Alternative bieten sich sogenannte Turnaround Aktien an. Diese repräsentieren Unternehmen, die nach einer Phase der Schwäche Anzeichen einer positiven Wendung zeigen. Ein Beispiel hierfür könnte ein längerfristiger Kursverfall aufgrund enttäuschender Geschäftsergebnisse sein, der sich jedoch umkehrt, sobald erste Anzeichen einer Geschäftserholung sichtbar werden. Beispiele für solche Erfolgsgeschichten sind Unternehmen wie Apple oder Puma, die nach schwierigen Phasen zu Branchenführern aufgestiegen sind.
Auch wenn das Risiko, bei Turnaround Aktien falsch zu liegen, besteht, verfügen diese Unternehmen über ein bestehendes operatives Geschäft und die Aussicht auf Verbesserung. Dies reduziert das Verlustrisiko im Vergleich zu den hochspekulativen Pennystocks.