Schweiz: Anzahl Spielsüchtiger hat sich verdoppelt
Die Teilnahme an Glücksspielen soll sicher ablaufen und vor allen Dingen soll verhindert werden, dass Spieler eine Sucht entwickeln. Hierfür gibt es sowohl Gesetze als auch Lizenzbedingungen. Um zu überprüfen, wie hoch die Zahl der Spielsüchtigen derzeit ist, führen die meisten Länder regelmäßig Studien durch. Die Schweiz hat nun das Ergebnis der zweiten eGames-Studie veröffentlicht.
Ergebnis der zweiten Studie fällt negativ aus
Die aktuelle eGames-Studie wurde drei Jahre nach der ersten Studie durchgeführt. Somit fand die erste Studie im Jahr 2018 statt und der Zeitpunkt für den zweiten Teil der Studie wurde bewusst gewählt: Sie fand 2021 statt, nachdem im Jahr 2019 ein neues Geldspielgesetz in Kraft trat und zugleich zum ersten Mal Online-Casinos in der Schweiz legalisiert wurden. Beides war für die Festsetzung des neuen Zeitpunktes ausschlaggebend, da die Wirkung der beiden neuen Gesetze abgeschätzt werden sollte. Leider fiel das Ergebnis schlechter als erwartet oder erhofft aus: Die Zahl der Spielsüchtigen hat sich mehr als verdoppelt: Im Jahr 2018 lag sie bei 2,3 Prozent, bei der zweiten Studie bereits bei 5,2 Prozent.
In die zweite Phase fällt jedoch die Coronapandemie, die in allen Ländern zur Zunahme von Online-Glücksspielen führte. So war es auch in der Schweiz. Der Studie zufolge spielten vor der Pandemie ungefähr 25 Prozent der Befragten bei Online-Casinos, bei der zweiten Befragung waren es bereits 30 Prozent. Diese Zahlen allein sind noch nicht aussagekräftig genug, weshalb die Befragung auf Altersgruppen aufgeteilt wurde. So kam heraus, dass insbesondere in der Gruppe der 18- bis 29-jährigen eine Zunahme des Spielens festgestellt wurde. Mit der Zunahme des Spielens nahm auch die Zahl der problematischen Spieler zu. Diese Zahl liegt deutlich über dem durchschnittlichen Ergebnis: 18,8 Prozent der jungen Personen legten ein mäßig risikoreiches bis problematisches Spielverhalten an den Tag.
Was bedeutet problematisches Spielen?
Um über eine Studie ein problematisches Spielverhalten erkennen zu können, muss solch ein Verhalten zuerst objektiv definiert werden. So hat zum Beispiel die WHO eine Spielsucht bereits als Krankheit anerkannt, die in der DSM-5 verankert wurde. Trotzdem lässt sich solch eine Spielsucht nicht sofort erkennen, stattdessen werden den Personen zum Beispiel neun Fragen gestellt. Jede dieser Fragen wird mit null bis drei Punkten bewertet. Ein ermitteltes Ergebnis bis zu vier Punkten bestätigt nur ein geringes Risiko, während bis zu sieben Punkte bereits ein mäßiges Risiko für eine Spielsucht darstellen. Ab acht Punkten wird ein problematisches Spielverhalten attestiert.
Bei der Studie wurde der Fragenkatalog des Problem Gambling Severity Indexs angewandt. Im Rahmen dieses Indexs wird ermittelt, ob ein Spieler das Bedürfnis besitzt, immer höhere Einsätze zu tätigen. Ebenfalls ein wichtiger Hinweis liegt darin, ob ein Spieler sein eigenes Verhalten abstreitet und nicht wahrnimmt. Eine Erhöhung von Lügen wäre angeblich ein Beweis für das Vorliegen einer Spielsucht.
Gründe für den Anstieg der Spielsüchtigen
Ein Grund für die Erhöhung der Spielsüchtigen liegt in der Anzahl der Spieler selbst. Je mehr Personen spielen, umso höher kann der Anteil der Spielsüchtigen ausfallen. Hinzu kommt, dass während der Corona-Pandemie wesentlich mehr Personen zu Online-Glücksspielen griffen. Das liegt an mehreren Gründen. Zum einem hatten die meisten Personen während der Lockdowns mehr Zeit und auf der anderen Seite hat sich der Pressemitteilung der Sucht Schweiz zufolge das Online-Angebot explosionsartig erhöht. Aber auch ein intensiviertes Marketing und Bonus-Angebote führten dazu, dass immer mehr Personen zum Spielen begannen. Jene Punkte wurden zumindest von den Befragten mehrheitlich angegeben.
Aufgrund des negativen Ergebnisses der zweiten Studie, die von der Sucht Schweiz und von GREA durchgeführt wurde, haben sich die Schweizer Kantone zu einer Zusammenarbeit entschieden. Über die geplante Zusammenarbeit soll eine nationale Präventionskampagne entstehen. Diese geplante Kampagne wird über die beliebten sozialen Medien wie Facebook, Instagram und TikTok ausgestrahlt. Derzeit ist ein Zeitraum von vier Wochen geplant. So liegt die Hoffnung darin, dass möglichst viele der jüngeren Personen über die vorhandenen Betreuungs- und Beratungsangebote informiert werden. Immerhin ist bekannt, dass mindestens 30 Prozent der problematischen Spieler die vorhandenen Hilfsangebote gar nicht kennt. Das soll sich dank der Kampagne ändern.
Gambling-Check in drei Sprachen verfügbar
Das Hilfsportal Gambling-Check.ch ist in drei Sprachen verfügbar: In Deutsch, Italienisch und Französisch. So soll gewährleistet werden, dass sich jeder Spieler informieren und sich helfen lassen kann. Bereits beim Öffnen des Portals kann der Spieler eingeben, welcher Typ er ist. So muss angeklickt werden, aus welchem Grund jemand spielt. Nachdem der eigene Spieltyp aktiviert wurde, erscheinen wertvolle Tipps. Diese sollen das Bewusstsein ändern und dazu führen, dass die bislang vorliegenden Gründe in Zukunft nicht mehr vorhanden sind. Sollte diese kurze Einführung noch zu keiner Spielveränderung führen, kann jederzeit eine persönliche Beratung beantragt werden.
Zugleich darf jeder Spieler einen Selbsttest durchführen und so sein eigenes Spielverhalten besser erkennen. Oft führt erst diese Erkenntnis dazu, dass der Betroffene eine Beratung wünscht. Solch eine kann entweder telefonisch, online oder gar persönlich erfolgen. Wichtig ist die regelmäßige Teilnahme an den notwendigen Terminen. In der Regel reicht ein Beratungsgespräch nicht aus.
Nebenwirkungen der Corona-Pandemie nahm Einfluss auf das Spielverhalten
Im Rahmen der Studie wurde auch ermittelt, weshalb die Corona-Pandemie zu einer Zunahme des Spielens führte. So wird in erster Linie der Verringerung von sozialen Kontakten die Schuld zugesprochen, weshalb mehr Personen zum Spielen begannen und warum bereits aktive Spieler vermehrt spielten: Nicht nur die Langeweile aufgrund der fehlenden Kontakte führte zum Spielen. Auch die entstandene Einsamkeit und die Unsicherheit bezüglich der Pandemie sollen zum vermehrten Spielen geführt haben. Zudem hat das natürliche Kontrollsystem durch Freunde und Verwandte gefehlt: Weder haben andere Personen erkannt, wer wie oft spielt, noch konnte das Spielen verhindert werden.
So kam es, dass sich nicht nur die Zahl der Spieler erhöht hat, die einmal pro Woche spielten, sondern auch die Ausgaben höher ausfielen: Im Jahr 2018 wurden 92 Franken pro Jahr ausgegeben, im Jahr 2021 waren es bereits 105 Franken. Um einen weiteren Anstieg beider Faktoren zu verhindern, läuft die oben erwähnte Kampagne.
Trotz der Spielsucht-Problematik werden in der Schweiz weiterhin neue Casinos geplant.