Konversionstherapien fortan unter Strafe
Die sexuelle Ausrichtung der Menschen ist bekanntlich unterschiedlich. Einige Personen fühlen sich zum anderen Geschlecht hingezogen, bei anderen Personen ist die Liebe für das eigene Geschlecht vorhanden. Mit sogenannten Konversionstherapien, welche vor allem jüngere Menschen angesprochen haben, wollten windige „Mediziner“ in den letzten Jahren Kasse machen. Fortan werden diese Umerziehungstherapien jedoch unter Strafe gestellt. Gesundheitsminister Jens Spahn legte bereits vor mehr als einem halben Jahr einen entsprechenden Entwurf vor. Das Bundeskabinett stimmte diesem jüngst zu.
Spahn brachte schon 2019 Gesetzesentwurf an den Start
„Homosexualität ist keine Krankheit und damit nicht behandlungsbedürftig“, das erklärte Gesundheitsminister Jens Spahn vor etwas mehr als einem halben Jahr. Schon 2019 legte der Minister einen Entwurf vor, mit dem der Kampf gegen die Homophobie angekurbelt werden sollte. Konkret wollte Spahn mit dem Gesetzesentwurf die sogenannten Konversionstherapien verbieten. In diesen „Pseudo-Therapien“ wird den Teilnehmern versprochen, sie würden gegen die „Krankheit“ der Homosexualität geheilt werden. Ein ziemlich loses Versprechen, welches von den behandelnden Personen natürlich keinesfalls eingehalten werden können. Das bestätigte auch der Minister noch einmal durch zwei neue wissenschaftliche Gutachten. Diese zeigten auch auf, dass es verfassungsrechtlich möglich sei und sogar medizinisch notwendig, derartige Angebote unter Strafe zu stellen. Die Gutachten wurden von unter anderem von Experten für Recht, Gesundheit und Sexualforschung erarbeitet.
Schwule und Lesben sollen vor diesen Konversionstherapien künftig besser geschützt werden. Der Weltärztebund und zahlreiche Mediziner unterstützen das Vorgehen der Bundesrepublik. Aus ihrer Sicht ist diese Therapie unsinnig, da es sich bei der Homosexualität um keine Krankheit handele. Eine Behandlung sei demnach nicht erforderlich und auch nicht möglich. Im Gegenteil: Diese „Heilungen“ könnten laut Experten sogar negative Folgen für die Betroffenen haben. „Konversionstherapien machen krank und nicht gesund“, so Spahn damals in der Hauptstadt Berlin.
Usus bei radikalen Christen?
Während die Konversionstherapien für den Normalbürger schon verdächtig nach einem Betrug oder mindestens Scharlartanerei riechen, scheint dieser Prozess zumindest bei radikalen Christen noch immer gebräuchlich zu sein. So reichte die Bundestagsfraktion der Grünen bereits im Februar 2019 einen Gesetzesentwurf mit einem Maßnahmenkatalog ein, in welchem Aufklärungskampagnen gefordert werden. Zudem verlangten die Grünen damals, dass diese fragwürdigen Therapien nicht über die Krankenkassen abgerechnet werden dürfen. Vor allem bei radikalen Christen ist die Konversionstherapie laut “Tagesschau” offenbar noch immer ein Thema. So berichtet das Magazin davon, dass noch im Dezember 2019 der Bund Freier evangelischer Gemeinden in einer Orientierungshilfe Homosexuelle dazu aufrief, eine entsprechende Therapie zu durchlaufen. Der Bund Freier evangelischer Gemeinden ist dabei keinesfalls klein. Es handelt sich um einen Zusammenschluss von rund 500 Gemeinden und mit gut 41.000 Mitgliedern. Wie die „tagesschau“ weiter berichtet, wurde die entsprechende Formulierung des Bundes mittlerweile allerdings geändert. Nun werden die Homosexuellen darauf hingewiesen, dass ein „professionell begleiteter Klärungsprozess“ durchlaufen werden kann.
Konversionstherapien ab 2020 unter Strafe
Um dem Betrug mit den Therapien nun endgültig ein Ende zu setzen, hat das Bundeskabinett dem Gesetzesentwurf von Jens Spahn nun zugestimmt. Dieser wurde unmittelbar zuvor sogar noch einmal verschärft. Wer homosexuelle oder transgeschlechtliche Menschen mit der Konversionstherapie behandeln möchte, muss künftig mit einer Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr rechnen. Neben der Durchführung derartiger Behandlungen sind auch das Anbieten, Bewerben oder Vermitteln der Konversionstherapien verboten. Verschärft wurden zudem die Ausnahmeregelungen. Diese galten zuerst für Heranwachsende im Alter zwischen 16 und 18 Jahren. Diese Passagen wurden vom Minister jedoch nachträglich gestrichen. Der Grund hierfür liegt laut Spahn darin, dass vor allem in dieser Altersphase viele Versuche stattfinden, mit den Konversionstherapien gegen die geschlechtliche Ausrichtung vorzugehen. Der Minister dazu: „Diese angebliche Therapie ist viel zu gefährlich für Leib und Seele, als dass man Graubereiche zulassen dürfte.“
Konkret sollen Anwerbeversuche, Angebote oder Vermittlungen der Konversionstherapien an Menschen unter 18 Jahren mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro bestraft werden. Bei Personen über 18 Jahren ist demnach die öffentliche Reklame, das Anbieten und die Vermittlung verboten.
Gesetz soll Mitte 2021 in Kraft treten
Mit dem Bundeskabinett hat der Gesetzesentwurf von Spahn eine wichtige Hürde nehmen können. Jetzt muss sich noch der Bundestag mit dem Gesetz beschäftigen und einen entsprechenden Beschluss verabschieden. Läuft hier alles fehlerfrei ab, könnte das neue Gesetz bereits Mitte 2021 in Kraft treten. Höchste Zeit, meinen viele Experten. Wie Spahn erklärt, würden in Deutschland jedes Jahr rund 2.000 dieser Pseudotherapien durchgeführt werden, mit denen die Homosexualität eines Menschen geändert werden soll. In diesem Zusammenhang würden vor allem Seelsorger, Laienprediger christlicher Glaubensgemeinschaften oder auch Psychotherapeuten als sogenannte „Heiler“ auftreten. Mit mäßigem Erfolg. Wie das Gesundheitsministerium mitteilte, würde keine der bekannten Studien den Schluss zu lassen, „dass die sexuelle Orientierung dauerhaft verändert werden kann.“
Im Rahmen des Gesetzesentwurfs erklärte Minister Spahn zudem noch einmal:
“Homosexualität ist keine Krankheit. Daher ist schon der Begriff Therapie irreführend. Wir wollen sogenannte Konversionstherapien so weit wie möglich verbieten. Wo sie durchgeführt werden, entsteht oft schweres körperliches und seelisches Leid. Diese angebliche Therapie macht krank und nicht gesund. Und ein Verbot ist auch ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen an alle, die mit ihrer Homosexualität hadern: es ist ok, so wie du bist.“
Da gerade junge Menschen oftmals vielen unterschiedlichen Einflüssen und Herausforderungen gegenüberstehen, seien diese besonders empfänglich für fragwürdige Ratschläge und Behandlungen. Das Verbot für die Konversionstheraphien gilt daher für alle Personen und nicht für solche, die berufsmäßig handeln. Zudem können auch die Eltern oder andere Fürsorgeberechtigte bei einer groben Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht bestraft werden. Nicht betroffen sind wiederum Behandlungen bei Störungen der Sexualpräferenz, also zum Beispiel Pädophilie oder dem Exhibitionismus. Darüber hinaus dürfen weiterhin Behandlungen durchgeführt werden, die der „selbstempfundenen geschlechtlichen Identität einer Person oder ihrem Wunsch nach einem eher weiblichen oder eher männlichen Körperbild zum Ausdruck verhelfen.“
Neben dem Konversionstherapie-Verbot weitere Änderungen beschlossen
Neben dem Verbot für die Konversionstherapien sieht der Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Spahn weitere Änderungen vor. So soll zum Beispiel ein Beratungsangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) ins Leben gerufen werden. Dieses dient allen betroffenen Personen, Angehörigen und Personen, die sich beruflich mit dem Thema befassen zur Beratung. Angeboten werden soll die Beratung in mehreren Sprachen, kostenfrei und anonym. Die Betroffenen können dabei zwischen einer Telefon- und einer Online-Beratung wählen. Zusätzlich äußerte sich das Bundesgesundheitsministerium dazu, warum ein eigenständiges Gesetz ins Leben gerufen wird und keine Regelung im Strafgesetzbuch festgehalten. Der Grund liegt in der Tatsache, dass das Unrecht der Konversionstherapien vor allem in der Beeinträchtigung der sexuellen und geschlechtlichen Selbststimmung durch psychische Einwirkungen liegt. Aus diesem Grund würde das gegenwärtige Strafrecht diesem nicht ausreichend Rechnung tragen. Ein eigenständiges Gesetz hingegen ermögliche es, die Straf- und Bußgeldvorschriften und das Beratungsangebot in nur einem Gesetz zu bündeln. Die Alternative dazu wäre gewesen, die einzelnen Regelungen auf verschiedene Gesetze zu verteilen.
Unterm Strich scheint der Gesetzesentwurf damit längst überfällig. Ohnehin ist es überraschend, dass im Jahr 2020 derartige Konversionstherapien noch immer einen erfolgreichen Absatzmarkt finden können. Umso wichtiger, dass nun grünes Licht für den Entwurf gegeben wurde. Dieser folgt damit den Empfehlungen zahlreicher angesehener Experten und Mediziner. Die Weltgesundheitsorganisation erklärte schon vor einiger Zeit, dass Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit keine Krankheiten darstellen würden. 2013 bezeichnete der Weltärztebund die Therapien sogar als Menschenrechtsverletzung und als unvereinbar mit der Ethik ärztlichen Handelns. Ein Jahr später warnte der Deutsche Ärztebund vor den negativen Folgen für die Gesundheit der Konversionstherapien.