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Glücksspielwerbung im TV: Neue Regeln

Veröffentlicht am: 17.07.2020

In den letzten Monaten hat sich Schleswig-Holstein immer wieder Kritik anderer Bundesländer gefallen müssen. Der Grund hierfür lag meistens in den Werbevorgaben für die Glücksspielbranche. Die Unternehmen konnten problemlos und nach Belieben ihre Spots ausstrahlen – und das nicht nur in Schleswig-Holstein. Der hohe Norden hat sich nun allerdings mit dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) und dem Verband für Telekommunikation und Medien (DVTM) zusammengesetzt und ein Selbstregulierungskonzept ausgearbeitet. In diesem Zusammenhang soll das Werbevolumen der Glücksspielanbieter deutlich reduziert werden.

Ein Kind sitzt vor dem Fernseher.

Auch der Jugendschutz soll mit den neuen Regeln für die Glücksspielwerbung deutlich erhöht werden. Immerhin bekommen auch Kinder und Jugendliche die Werbung regelmäßig zu sehen. (©mojzagrebinfo/Pixabay)

Werbeminuten ins Verhältnis gesetzt

Elf Online Casinos mit einer Lizenz aus dem Bundesland Schleswig-Holstein machen in Deutschland derzeit im Fernsehen Werbung für ihre Glücksspielangebote. Das ist auch nicht verboten, allerdings gibt es immer wieder Ärger um die Intensität der Werbemaßnahmen. Diese sind recht häufig auf den Bildschirmen zu sehen und werden in der gesamten Bundesrepublik ausgestrahlt. Künftig wird sich an den bisher eher laschen Vorgaben in diesem Zusammenhang allerdings etwas ändern. Ein entsprechendes Selbstregulierungsmodell wurde nun vom schleswig-holsteinischen Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung gemeinsam mit dem DVTM und dem ZAW erarbeitet. Dieses Modell enthält konkrete Vorgaben und Beschränkungen, mit denen die Werbeaktivitäten gedrosselt werden sollen.

Ein wichtiger Punkt der anderen Bundesländer war die Werbezeit der Glücksspielanbieter im Verhältnis zum Länderanteil Schleswig-Holsteins. Hier lag die Werbezeit deutlich höher. Aus diesem Grund sollen künftig maximal 17.000 Minuten Glücksspielwerbung pro Monat gezeigt werden. Wohl gemerkt von allen elf Unternehmen zusammen. Diese Zahl ergebe sich durch eine korrekte Betrachtung der Verhältnisse der Branche und auch des Länderanteils Schleswig-Holsteins.

Werbeaktivitäten sollen überwacht werden

Die 17.000 Minuten für die Werbung der Glücksspielangebote seien laut DVTM das absolute Maximum für alle Lizenznehmer. So wolle man sicherstellen, dass die Werbung aus Schleswig-Holstein nicht über dem Ausmaß der bundesweiten Fernsehwerbung liege. Getreu dem Motto: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, sollen die Glücksspielunternehmen bzw. deren Werbeaktivitäten genauestens kontrolliert werden. Konkret sieht das Modell vor, dass neutrale Mediendaten genutzt werden. Diese werden von den Verbänden regelmäßig an die Behörde in Schleswig-Holstein übermittelt. Stellt diese Unregelmäßigkeiten bzw. Verstöße gegen die Vorgaben fest, müssen die Unternehmen mit Sanktionen rechnen. Wie diese genau aussehen, ist offen. Es dürfte sich aber um Geldstrafen handeln.

Die beteiligten Parteien zeigen sich mit dem Fortschritt in der Debatte zufrieden. Dr. Andreas Blaue, der Vorstand des Projektes, erklärte, dass sich das neue Modell logisch sowie auf Basis neutraler Mediendaten von Nielsen Media Research einfach kontrollieren lassen. Auch Kritiker seien laut DVTM zudem dazu aufgerufen, die Werbedaten künftig zu überprüfen. Kritische Stimmen hatten der Politik und den Verbänden vorgeworfen, dass die neuen Regelungen nicht zu einer Abnahme der Glücksspielwerbung führen würden.

Online Casinos zu Unrecht kritisiert?

Dass sich die Online Casinos und ihre Werbemaßnahmen überhaupt einer so starken Kritik gegenüber gestellt sehen, ist für Blaue offenbar überraschend. Der Projektleiter und Vorstand erklärte, dass das neue Modell eine komplette Transparenz biete und für alle Beteiligten gleichermaßen fair sei. Zudem habe man bereits im Jahre 2019 beschlossen, die Werbezeit der Online Casinos im deutschen Fernsehen deutlich zu reduzieren. Anders als derzeit oft berichtet, sei das Volumen auch während der Corona-Krise nicht angestiegen, so Blaue. Weiter gab dieser an, dass von Seiten der Politik und der stationären Branche, insbesondere der Deutsche Automatentwirtschaft (DAW), falsche News verbreitet wurden, in denen eine Zunahme von Werbemaßnahmen während der Corona-Krise offengelegt wurden.

Der DVTM in Persona von Vorstandsvorsitzendem Renatus Zilles, erklärte, dass sich diese Parolen in den Köpfen der Bürger festsetzen würden. Das wiederum für der Branche und den Bürgern selbst schaden. Das neue Regulierungsmodell würde daher auch unter Beweis stellen, dass der Verband und die Branche enorm leistungsfähig seien. Man wolle verantwortungsvolle und pragmatische Konzepte miteinander verknüpfen und nicht Branche, Politik und Bürger gegeneinander ausspielen, so Zilles. Auch Zilles ist von den neuen Regelungen überzeugt und gab an, dass diese als Modell für die künftige Regulierung nach der Novelle des Glücksspielstaatsvertrages ab Juli 2021 dienen könnten.

Glücksspielwerbung in der Kritik

Ob mit den neuen Regelungen wirklich alle Bundesländer zufrieden sind, darf als fraglich bezeichnet werden. In der jüngeren Vergangenheit wurden immer wieder Forderungen laut, die Werbung außerhalb Schleswig-Holsteins komplett zu untersagen. Auch die Berliner Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, äußerte sich zuletzt kritisch. Sie gab an, dass die Brutto-Werbeausgaben der Glücksspielbetreiber zwischen Januar und Mai um fast 60 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zugelegt hätten. Wurden hier 2019 noch rund 103 Millionen Euro investiert, hätten die Glücksspielunternehmen 2020 rund 192 Millionen Euro in die Hand genommen. Laut Ludwig seien durch die Werbemaßnahmen in Deutschland rund 500.000 Problemspieler massiv gefährdet. Deshalb fordert die Drogenbeauftragte ein energisches Durchsetzen der Werbebeschränkungen.

Hart durchgegriffen hatte zuletzt vor allem des Saarland. Hier legte die Landesmedienanstalt (LMS) einen Beschluss vor, der zwei Glücksspielunternehmen mit einer Lizenz aus Schleswig-Holstein die Ausstrahlung ihrer Werbung im Saarland verbietet. Wie es von der LMS heißt, seien beide Unternehmen in der Vergangenheit bereits durch ihre TV-Werbung negativ aufgefallen. Zusätzlich seien die Werbemaßnahmen zu Zeiten ausgestrahlt worden, in denen auch Kinder und Jugendliche diese sehen könnten. In diesem Zusammenhang geriet auch die Landesregierung in Schleswig-Holstein unter Druck. Dieser wurde vorgeworfen, sich trotz ursprünglicher Abmachung nicht daran zu halten, die Werbeaktivitäten der Lizenznehmer zu kontrollieren.