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Deutschland: Aktuelle Reaktionen auf Mindestabstand

Autor: Lars Vollmer
Veröffentlicht am: 11.04.2023

Laut Deutschem Glücksspielstaatsvertrag vom Juli 2021 müssen alle vor Ort ansässigen Spielhallen, Wettbüros und Casinos einen Mindestabstand einhalten. Solch ein Abstand gilt sowohl zwischen den Spielhallen als auch zu anderen Einrichtungen. Deshalb soll dieser Mindestabstand zum Beispiel die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen gewährleisten. Allerdings ist nicht jeder damit einverstanden, weshalb es in letzter Zeit zu neuen Gerichtsentscheidungen und weiteren Aktionen kam.

In Rot wurden die beiden Worte „Abstand halten“ geschrieben.

Die Bundesländer dürfen im Rahmen des Deutschen Glücksspielstaatsvertrags eigene Regeln bezüglich des Mindestabstandes zwischen den Glücksspielbetrieben und zu den Schulen festsetzen. Allerdings ist die Glücksspielbranche mit diesen Regeln nicht zufrieden. (©geralt/Pixabay)

Die aktuelle Lage plus Hintergrund

Der Deutsche Glücksspielstaatsvertrag hat eine einheitliche Regelung für Deutschland erzielt. Hierdurch sollte ein gewisser rechtlicher Rahmen entstehen, an dem sich die Bundesländer orientieren können. Das wiederum zeigt deutlich, dass die Länder zu einem bestimmten Grad eigene Gesetze und Vorschriften kreieren dürfen, solange diese nicht gegen den Deutschen Vertrag verstoßen. Im Detail bedeutet es, dass jedes Bundesland den festgesetzten Mindestabstand jederzeit verringern darf. Damit würde den Spielern kein Schaden entstehen und der Deutsche Glücksspielstaatsvertrag würde ebenfalls eingehalten werden. Jener schreibt vor, dass Spielhallen zueinander einen Mindestabstand von 500 Metern aufweisen müssen – dieser Abstand gilt ferner gegenüber Schulen und weiteren Jugendeinrichtungen.

Aufgrund des Rechts, eigene Gesetze zu erschaffen, kam es, dass inzwischen alle Bundesländer ihre bestehenden Ländergesetze geändert haben oder aufgrund der neuen Regelung erstmals ein eigenes Landesgesetz für Glücksspiele erarbeitet haben. Jedes Land hat eigene Ideen umgesetzt, zum Beispiel hat Bayern Folgendes angeordnet: Zwischen Wettbüros und Schulen muss ein Mindestabstand von 250 Metern vorhanden sein. Ist dieser Abstand nicht gewährleistet, muss der betroffene Betrieb schließen. Deshalb erging gegenüber eines Passauer Wettbüros die Anweisung, den Betrieb zu schließen, da er nur einen Abstand von 65 Metern zur nächsten weiterführenden Schule aufwies.

Wettbüro legte Beschwerde ein und gewann

Gegen eben erwähnte Anweisung hat das Wettbüro Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde wurde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geschickt, der zugunsten des Wettbüros entschied. Somit darf das Wettbüro vorerst wieder öffnen. Zuvor jedoch hatte das Wettbüro eine Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Nachdem dieses Gericht die Schließung bestätigt hatte, ging die Angelegenheit an den Verwaltungshof. Deshalb handelt es sich bei dieser Entscheidung nur um eine vorläufige Entscheidung, da das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat. Hierüber kann sich aber nicht nur das klagende Wettbüro freuen, sondern in Zukunft womöglich mehrere Betriebe.

Das liegt daran, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof festgestellt hat, dass der für Bayern geregelte Mindestabstand von 250 Metern gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit verstößt und zudem Online Wettanbieter bevorzugt werden. Zugleich hat der Gerichtshof festgestellt, dass ein Mindestabstand durchaus dafür geeignet ist, den notwendigen Kinder- und Jugendschutz sicherzustellen. Es wäre jedoch nicht nachvollziehbar, weshalb diese Regelung nur für Wettbüros und nicht für alle Arten von Spielhallen gilt. Schließlich könnten auch alle Spielautomaten eine Sucht hervorrufen, weshalb es entweder für alle Glücksspielbetriebe den gleichen Mindestabstand geben müsste oder für keinen. Abgesehen hiervon gilt laut Deutschem Glücksspielstaatsvertrag für Spielhallen nur ein Mindestabstand von 500 Metern zu Spielhallen und zu allen Schulen und Jugendeinrichtungen. Ob diesbezüglich in nächster Zeit ein neues Urteil gefällt wird, kann im Moment noch nicht abgeschätzt werden.

Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls gegen Abstandsregel

Obwohl die Bundesländer aufgrund des neuen Vertrages ihre eigenen Gesetze geändert haben, sind nicht alle Politiker damit einverstanden. So kam es, dass sich zwei Parteien in Mecklenburg-Vorpommern zusammenschlossen und eine Änderung forderten: Die CDU und die FDP. Zwar gilt in Mecklenburg-Vorpommern der von der Bundesregierung beschlossene Abstand von 500 Metern. Trotzdem hegen die Politiker die Befürchtung, dass dieser Abstand keinesfalls zum gewünschten Ziel führt. Dieses Ziel liegt in der Verhinderung einer Spielsucht. Immerhin könnte sich auch bei einem größeren Abstand eine Spielsucht entwickeln und zum anderen können alle Spieler in sicheren Online Casinos spielen. Deshalb wäre es immer möglich, dass ein Spieler eine Sucht entwickelt.

Hinzu kommt, dass viele Spieler zu illegalen Angeboten abwandern, wenn sich die legalen Anbieter reduzieren. Das beweist ein Blick nach Berlin. Dort würde laut Daniel Peters das illegale Glücksspiel aufgrund eines zu strengen Mindestabstands boomen und das wünscht er sich nicht für Mecklenburg-Vorpommern. Derzeit wird sich jedoch nichts an dem Mindestabstand ändern, nachdem die beiden erwähnten Parteien gegen die SPD, die Grünen und die Linken keinen Erfolg erzielen konnten. Lediglich die AfD hatte sich bei der Abstimmung enthalten, hat jedoch Folgendes angeführt: Es wäre sinnvoller, wenn sich die Glücksspielbranche an der unterfinanzierten Suchtprävention beteiligen würde.

Wie sinnvoll ist der Mindestabstand?

Der Mindestabstand zwischen den Spielhallen und den Schulen wurde eingeführt, um Kindern und Jugendlichen möglichst wenig Berührungspunkte mit dem Glücksspiel zu liefern. Diesen Grundgedanken kann jeder nachvollziehen, doch leider zeigt die Realität, dass sich das Ziel nicht immer erreichen lässt. Der Hinweis von Daniel Peters beweist, dass in manchen Bundesländern das illegale Glücksspiel in der Tat zugenommen hat. Das bestätigen mehrere Medienberichte, die über erfolgreiche Razzien berichten. Häufig verstecken sich in Hinterzimmern oder gar hinter Garderoben illegale Glücksspiele, an denen viele Spieler teilnehmen. Das führte zu Festnahmen und zu Schließungen der Gaststätten und Bars. Selbstverständlich konnte die Polizei auch zahlreiche Spielautomaten und Geld beschlagnahmen.

All dies zeigt deutlich, dass der festgesetzte Mindestabstand nicht immer zum gewünschten Erfolg führt. Das liegt daran, dass immer mehr Glücksspielanbieter für ihr Online-Casino eine Lizenz beantragen und auch erhalten. Somit erhöht sich das Angebot von Online-Glücksspielen, das auch rege genutzt wird. Auf der anderen Seite führt die Abstandsregel dazu, dass immer mehr Spielhallen vor Ort schließen müssen. Insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern kommt es höchstwahrscheinlich dazu, dass von 190 Spielhallen mehr als 100 Spielhallen schließen müssen – nur aufgrund der Abstandsregeln. Dahinter stehen jedoch mindestens 500 Mitarbeiter, die ihre Arbeitsstelle verlieren. Deshalb hatte die FDP bereits letztes Jahr im Herbst einen Vorstoß gewagt, dass das Landesgesetz geändert wird. Auch damals schon hatte die Partei damit keinen Erfolg.

Trotz der Abstandsregel sind die Steuereinnahmen im vergangenen Jahr stark angestiegen.